Care Revolution | Care Revolution-Netzwerktreffen im Jugendhof Bessunger Forst. Einige Eindrücke
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Care Revolution-Netzwerktreffen im Jugendhof Bessunger Forst. Einige Eindrücke

Aktuelles – 14. November 2025

Am Wochenende vom 7. bis 9. November fand unser halbjährliches Netzwerktreffen des Netzwerks Care Revolution statt. Die Netzwerktreffen stehen allen Mitgliedern des Netzwerks offen, auch Gäst*innen sind herzlich willkommen. Nach den positiven Erfahrungen des Jubiläums-Events in Leipzig und des Frühjahrstreffens in Frankfurt/Main wollten wir uns auch diesmal in Präsenz treffen, zumal wir auch viele Interna zu besprechen hatten, die einen Klausurcharakter des Treffens nahelegten.

Für dieses Ziel bot der Jugendhof Bessunger Forst am Rand Darmstadts einen passenden Rahmen. Es gab nicht übermäßig viel Komfort, jedoch hervorragende vegetarische und vegane Verpflegung und ein ungeheuer nettes Team, mit dem sich alles Erforderliche vor Ort unbürokratisch klären ließ. Der Jugendhof liegt mitten im Wald und gleichzeitig 20 Bus-Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, passend also für ein konzentriertes Arbeiten von Menschen, die aus dem gesamten Bundesgebiet zusammenkommen.

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Die, von Füchsen und Eichhörnchen abgesehen, wenig ablenkende Umgebung und die leckere Vollverpflegung waren hilfreich, weil wir uns das Programm richtig vollgepackt hatten. Nach einem lockeren Auftakt, einer Erzähl- und Kennenlern-Runde und Berichten, was in den vertretenen Orten, Gruppen und Organisationen gerade passiert, ging es am Samstag richtig los. In wechselnden Zweiergesprächen gingen wir den Fragen nach, was uns wütend macht, was wir verändern wollen und was uns Kraft gibt. Unter anderem zeigten die Antworten einmal mehr, wie eng der persönliche Care-Alltag und das Care-Engagement miteinander verwoben sind. In der Gruppe teilten wir unsere Wahrnehmungen, wie wir als Netzwerk Care Revolution angesichts dieser Herausforderungen aufgestellt sind. Zwischen „unser Auftritt als Netzwerk ist besser und sichtbarer geworden“ und „unsere Interventionsfähigkeit vor Ort ist zu gering“ gab es viele und viele unterschiedliche Wahrnehmungen.

Im Anschluss berieten wir Vorschläge dazu, gemeinsam als Netzwerk aktiv zu werden.

Die erste Idee war, klar zu formulieren und auszuarbeiten, welche Rahmenbedingungen für gelingende Sorgebeziehungen erforderlich sind: demokratisch vergesellschaftete Care-Einrichtungen, erwerbsunabhängige Absicherung eines würdevollen Lebens mit Souveränität über die eigene Lebensführung für alle, selbstorganisierte kollektive Care-Lösungen. Hierzu sollten wir uns, so der Vorschlag, intern weiter- und als Multiplikator*innen ausbilden, anschließend dieses Konzept als Grundlage und Kriterium für Aktionen und Interventionen nehmen.

Der zweite Vorschlag: Es soll immer wieder verdeutlicht werden, dass die wohldotierte Tätigkeit der „Leistungsträger*innen“ zur Grundlage hat, dass andere ihnen die Care-Lasten abnehmen. Die Bedeutung dieser Arbeit, auch als Leistung, soll verdeutlicht werden und damit auch ein Argument für Umverteilung von Lasten und Ressourcen gegeben werden.

Schließlich wurde eingebracht, dass für 2027 mit einem großen Anlauf für einen feministischen und/oder Care-Streik zu rechnen ist und wir diesen am besten mitvorbereiten, indem wir schon 2026 mit Aktionen in möglichst allen Care Revolution-Gruppen anfangen. Diese wurden dann am Abend mit viel Lust und Energie ausgesponnen. Wir merkten: Hier fehlt uns etwas, wir wollen wieder mal gleichzeitig auf Straßen und Plätzen sichtbar sein. Eine der Ideen, auf die wir uns sofort verständigen konnten, war, die care-politische Umgestaltung von Statuen und Denkmälern aus der Anfangszeit des Netzwerks wieder zu beleben. Hier ein Beispiel aus Frankfurt/Main:

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Der restliche Tag wurde genutzt, um offene Enden unserer internen Aufstellung als Netzwerk zu besprechen. Es ging um Mitgliedschaft im Netzwerk und vor allem darum, unsere Gründungsresolution von 2014 zu überarbeiten. Immerhin entstand die Resolution – und das Netzwerk – vor dem ersten Tarifvertrag für Entlastung des Pflegepersonals in den Krankenhäusern, vor Corona, vor den Angriffen auf die Ukraine und den Gaza-Streifen, vor einer großen Jugendbewegung gegen die Klimakatstrophe, vor einem erschütternden Rechtsruck, vor Tradwives einerseits und ni una menos andererseits, vor … Wir kamen weit damit, aber nicht ganz ans Ziel. Zum Abschluss bringen wir den Text nun in den nächsten Wochen.

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Den Sonntag bis zum Abschluss mit gemeinsamem Putzen und Mittagessen nutzen wir dann wieder, um mit den drei Vorschlägen für gemeinsame Aktivität weiterzukommen. Ermutigung, kritische Hinweise und pragmatische Vorschläge, alles so greifbar wie möglich, wurden in der Runde geteilt und den Arbeitsgruppen mitgegeben.

Fazit: Obwohl wir leider diesmal eine Häufung kurzfristiger Absagen wegen Krankheit, Betreuungsaufgaben und Parallelveranstaltungen hatten, erzeugte das Treffen bei den Teilnehmer*innen nach ersten Rückmeldungen wirklich Aufbruchstimmung. Jetzt geht es weiter, in der inhaltlichen Ausarbeitung der Vorschläge, in den verschiedenen Gruppen und ihren Projekten, und vor allem: Im Frühling auf der Straße!

Ein Beitrag von Matthias Neumann

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