Care Revolution | Netzwerk Care Revolution Rhein-Main auf Streikkonferenz aktiv
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Netzwerk Care Revolution Rhein-Main auf Streikkonferenz aktiv

Aktuelles – 12. Oktober 2016
Mit einem Infostand und vielen Vernetzungsgesprächen waren mehrere Mitstreiter_innen unseres Regionalnetzwerks auf der dritten Streikkonferenz zugegen, die dieses Jahr in der Goetheuniversität in Frankfurt stattfand. Zentrale Fragen waren z.B. Wie lassen sich zukünftig Arbeitskämpfe, vor dem Hintergrund der neoliberalen Ist-Situation,besser organisieren und durchführen? Sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze werden immer seltener und die Arbeitsverdichtung in allen Branchen steigt, so daß den Menschen immer mehr Angst eingejagt wird und es bald mit der Digitalisierung und Robotisierung ein Privileg sein wird, einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen… Wie die Arbeitsverdichtung zeigt, ist nicht Arbeitsmangel das Problem, sondern der Preis, der für die Arbeit gezahlt wird. Die (Lebens-)Zeit der Menschen in Erwerbstätigkeit wird entwertet. Das entpricht zum einen einer realen Lohnsenkung,  zum andern haben Menschen, wenn sie in Rente gehen,nicht ein Pensum von 40 Jahren abgearbeitet, sondern eines, das weitaus mehr Jahren entspricht, ohne jedoch die entsprechende Rente dafür zu erhalten. Sie werden somit immer öfter um die Früchte ihres Fleisses geprellt. Darüber hinaus erleben Erwerbsarbeit und Mobilität inzwischen eine enorme Wechselwirkung: Es beginnt mit den Pendler_innen, die wegen unbezahlbarer Mieten in Ballungsgebieten lange Anfahrtswege bis zum Erwerbsarbeitsplatz auf sich nehmen. Hier handelt es sich um wertvolle Lebenszeit. Diese fehlt den Pendler_innen für Erholung und Familie und sie wird bei der Entlohnung nicht angerechnet, aber inzwischen zunehmend vorausgesetzt. Weiter geht es mit der Zeit, die täglich in Verkehrsstaus des Berufsverkehrs verloren wird z.B. von Paketausträger_innen oder von ambulanten Pfleger_innen. Auch diese Zeit wird immer öfter nicht bezahlt, sondern muss z.T. von der oder dem Arbeitleistenden “ersetzt” und so privat auf dem Konto der eigenen Lebenszeit unter “Verluste” verbucht werden. Aber nicht nur in der Erwerbsarbeit läuft es so. Auch auf die nicht erwerbsförmig erledigte Arbeit wirkt sich diese Entwertung der (Lebens-)Zeit von Arbeitenden aus. Denn unbezahlt bleibt zunächst alles das, was Erwerbsarbeitende oder solche die ihre Haut auf den Erwerbsarbeitsmarkt tragen. Was der/die Einzelne “in sich selbst investiert”, um sich besser zu vermarkten, hat regelrecht zu einem Selbstoptimierungwahn geführt. Wieviel Zeit und Kraft wird unbezahlt investiert, um der Figur-, Frisur und Kleidernorm zu entsprechen, die von Werbung und Celebritybildern vorgegeben wird. Wieviel (größtenteils unbezahlte) Zeit und Kraft in formale und informale Weiterbildung. Wieviel unbezahlte, eigentlich für Erholung benötigte Zeit, wird zweckentfremdet um Dinge zu erledigen, die mit der Erwerbsarbeit zusammenhängen. Smartphone läßt grüßen. Schon die Kinder werden diesem Druck ausgesetzt, einmal von einem Bildungssystem, das seine Hauptaufgabe darin sieht, vermarktbare Arbeitskräfte zu produzieren, und zwar schon von Kindesbeinen an sortiert für den Bedarf im Billiglohnsektor, dem wachsenden Prekariat der Hochqualifizierten und dem schrumpfenden Rest für die (noch) verbleibenden gut dotierten Arbeitsplätze. Einem Bildungssystem, das Wettbewerb statt Kooperation belohnt. Dann aber auch dem Druck von Eltern, die ihre Angst vor sozialem Abstieg, vor Altersarmut, vor Verlust der Erwerbsarbeit an ihre Kinder weitergeben und sie so gezwungener Maßen zu Selbtsoptimierer_innen in einer entsolidarisierten Gesellschaft dressieren. Eine ganze Reihe Kinder wachsen allerdings auch mit dem Bewußtsein auf, dass sie gesellschaftlich unerwünscht und bestenfalls toleriert werden. Dass sie keine Chancen haben und ihre Lebensperspektive in einer Karriere als “Hartzer” vorgezeichnet ist. Wachsende Arbeits-Verdichtung in der Produktion von Waren ist ein Problem, sowohl für die körperliche wie seelische Gesundheit der Arbeitenden wie auch unter Umständen für die Qualität der produzierten Waren. Müde Menschen machen leichter Fehler. Um wieviel schwerwiegender wirken sich die Folgen dieser durch Müdigkeit verursachten Fehler, wenn es um die Pflege und Betreuung von Menschen geht. Wenn Patienten versehentlich falsche Medikamente verabreicht werden. Oder wenn “vergessen” wird, ihnen z.B. Schmerzmittel oder andere dringend benötigte Medikamente zu geben. Wenn sie Stunden warten müssen, damit grundlegende Bedürfnisse wie Durst oder aufs Klo gehen erfüllt werden können, weil die Pflegenden neben administrativen Aufgaben einfach zu viele Patienten gleichzeitig zu versorgen haben. Am Beispiel des erfolgreichen Arbeitskampfs in der Charité konnte gezeigt werden, dass solidarische Mobilisierung, auch außerhalb des Betriebs (Krankenhauses) viel erreichen kann. Auch wenn ein Arbeitskampf stattfindet im Spannungsverhältnis zwischen gewerkschaftlichem Protest und der Arbeit mit Menschen, wie es immer im Sektor der erwerbsförmig organisierten Carearbeit ist. Ob im Bereich der Erziehungs- und Sozial-arbeit, in der Pflege oder der Assistenz. Genau diese solidarische Mobilisierung will unser regionales Netzwerk vorantreiben. Als konkreten Sektor wollen wir uns auf den Bereich der Pflege konzentrieren und die Aktionskampagne  „Bundesweite Gefährdungsanzeige“ unterstützen. Sie ist bereits in der Startphase und wird ihren Höhepunkt am kommenden internationalen Pflegetag, dem 12. Mai 2017, erreichen.
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