150 Menschen beim Lichtermeer für Inklusion in Frankfurt

Wieder versammelten sich Jung und Alt in Frankfurt, um Lichter leuchten zu lassen für Menschen mit Behinderung und ihre Familien in unserer Gesellschaft. Die kapitalistische Marktwirtschaft blendet systematisch aus, dass wir alle bedürftig sind und aufeinander angewiesen. Dass wir davon abhängen, dass jemand Lebensmittel anbaut und jemand daraus Mahlzeiten zubereitet. Dass jemand den Müll regelmäßig abholt. Dass wir uns auf der Straße sicher aufhalten und fortbewegen können, weil es Regeln gibt, die alle weitestgehend befolgen. Und weil niemand mit Waffen herumläuft und um sich schießt.

Doch für den Neoliberalismus sind Menschen nur wichtig um als „Humankapital“ verwertet zu werden. Oder um als „Konsumenten“ Markt und Wirtschaftswachstum am Leben zu halten. Menschliche Bedürftigkeit und menschliches Angewiesen-sein werden weitestgehend verdrängt. Der Neoliberalismus redet uns ein, dass Bedürftigkeit eine Folge freier gewählter Möglichkeiten ist: Wenn wir uns entscheiden, Eltern zu werden, dann haben wir eben privat alle Belastungen zu tragen, die daraus erwachsen. Wir waren ja frei, uns anders zu entscheiden. Als sei Elternsein nicht etwas zutiefst Soziales, das überhaupt erst das Weiterbestehen unserer Gesellschaft ermöglicht. Der Neoliberalismus zwingt uns einen radikalen Individualismus auf, der alle sozialen Bindungen untergräbt, es sei denn, es dreht sich um Geld.

Manche Menschen werden mit einer Beeinträchtigung geboren. Die meisten von uns erwerben diese erst im Laufe des Lebens. z.B. weil wir nicht jung genug sterben, sondern eben alt werden. Wenn wir dann als „Humankapital“ nicht (mehr) so gut zu verwerten sind, weil wir mehr als andere auf Pflege und Unterstützung angewiesen sind, zeigt sich das menschenverachtende Gesicht dieses Systems besonders deutlich. Und genau hier setzt Care Revolution an: wir wollen sichtbar und bewusst machen, dass es um den Menschen und um sein Wohlergehen geht. Nicht um Anhäufung von Macht und Profit. Wirtschaft soll so organisiert werden, dass alle Bedürfnisse befriedigt werden und alle ein gutes Leben haben. Menschen mit Beeinträchtigungen müssen möglichst selbstbestimmt teilhaben können. Und Menschen, die ihnen zur Seite stehen, müssen alle Unterstützung erhalten, die sie brauchen, um nicht überfordert zu werden. Ihr Einsatz darf auch keine finanziellen Nachteile mit sich bringen.

Etwa 150 Menschen kamen am 25. Oktober in Frankfurt zum Lichtermeer für Inklusion zusammen. Der Gebärdenchor der IGS Nordend sang und performte drei Lieder. Ein besonderer Dank ihnen und ihren Lehrerinnen. Zwei Eltern von Kindern mit Behinderung benannten die Defizite der öffentlichen Daseinsfürsorge und die Widersprüche der Politik auf dem Gebiet der Inklusion. Diese Rede kann hier nachgelesen werden. Eine Elternbeirätin wies auf den Bildungsnotstand hin, der für Kinder mit Beeinträchtigungen noch besonders gravierend ist. Die Trommelband Alles Blech führte unseren Laternenzug so temperamentvoll an, dass mehrere ZuschauerInnen spontan zum Rhythmus der Trommeln tanzten. Es war eine fröhliche Aktion, die allen Teilnehmenden großen Spaß bereitete. Wir freuen uns schon auf das Lichtermeer 2020.