Walk of Care am 12. Mai in Berlin

Aufgrund der Pandemie fanden in Berlin am diesjährigen 12. Mai, dem internationalen „Tag der Pflege“, an mehreren Orten dezentrale Aktionen statt, die von einem Demonstrationszug des „Walk of Care“  miteinander verbunden wurden, welcher sich via Live-Stream übertragen mitsamt einiger Krankenhausbetten durch Berlin-Mitte schob. Eine dieser Aktionen war ein von ver.di veranstalteter Protest vor dem Roten Rathaus, an dem wir lautstark mit einigen Mitgliedern des Berliner „Platz für Sorge“-Bündnisses teilnahmen und uns so mit der Berliner Krankenhausbewegung solidarisierten und vernetzten.

Die Kundgebung am Neptunbrunnen war nach vorheriger Anmeldung mit 1.000 Vivantes- und Charité-Mitarbeitenden aus diversen Arbeitsbereichen und Stationen sowie Gewerkschafter*innen und zahlreichen Unterstützer*innen ausgebucht. Die Stimmung war gut, kämpferisch und sehr gemeinschaftsstiftend. Teil des Protests war die Übergabe einer Petition an den Berliner Senat, die bereits von 8.397 Beschäftigten der Berliner Landeskliniken unterzeichnet wurde und mehr Personal durch verbindliche Vorgaben zur Personalbesetzung und einem Belastungsausgleich bei Unterbesetzung sowie faire Löhne und TVöD für alle (!) Beschäftigten fordert. In den emotionalen Redebeiträgen wurde eins immer wieder klar: Die aktuellen Umstände in der Pflege sind untragbar. Es mangelt an Zeit, Anerkennung und Personal – und das seit Jahren. Die Ausrichtung des Gesundheitssystems auf Profite statt auf menschliche Bedürfnisse und auf dem Rücken der Beschäftigten und zum Leidwesen dieser sowie der Patient*innen muss ein Ende haben! Der Protest war gleichzeitig auch der Start eines 100-Tage-Ultimatums: Sollten der Berliner Senat und die Klinikleitungen nicht reagieren, folgt ein Streik – und das wenige Wochen vor der Bundestagswahl und den Berliner Abgeordnetenhauswahlen. Der Sommer wird politisch heiß werden – denn wie Florence Nightingale, die Begründerin der Krankenpflege, einst sagte: „Gäbe es niemanden, der unzufrieden wäre mit dem, was er hat, würde die Welt niemals besser werden.“

Nach diesem Protest zogen wir mit unseren Transparenten, auf denen unter anderem „Patriarchat & Kapitalismus ent-sorgen“ großflächig zu lesen war, um 17 Uhr weiter zur Abschlusskundgebung des „Walk of Care“ am Alexanderplatz. Auch hier wurden wir herzlich begrüßt und durften einen Redebeitrag beisteuern, um nicht nur bessere Bedingungen in den bezahlten Care-Berufen zu fordern, sondern auch auf die unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit aufmerksam zu machen, die privat und zuhause ausgetragen wird und für die ebenfalls so oft die nötige Zeit fehlt. So schallte es lautstark über den belebten Platz: „Unsere Gesellschaft baut immer noch darauf auf, dass ein großer Teil der Care- oder Reproduktionsarbeit zuhause unbezahlt geleistet wird und das zu einer Zeit, in der immer mehr erwachsene Menschen einer Erwerbsarbeit nachgehen. Das sogenannte Familienernähermodell ist schon lange vorbei. Mittlerweile sind fast alle erwachsenen Menschen berufstätig, aber wer macht dann zuhause die Arbeit?! Es kann nicht angehen, dass die Arbeit zuhause zur zweiten Schicht wird. Da muss sich etwas ändern!“ Hier findet ihr Video der kompletten Abschlusskundgebung am Alexanderplatz- ab 25:30min ist der gesamte Redebeitrag zu „Platz für Sorge“ zu sehen. Darüber hinaus verteilten wir Flyer mit dem Berliner „Platz für Sorge“-Aufruf – denn: „Es ist höchste Zeit, dass wir gute, solidarische Bedingungen für Care-Arbeit erstreiten. Wir wollen einen Systemwandel, in dem Care im Zentrum steht.“

Kurz vor einem prasselnden Regenschauer ging dieser empowernde Aktionstag punktlandend zu Ende – aber wir werden wiederkommen, keine Frage! Für mehr Zeit, mehr Personal, mehr Lohn, mehr Platz für Sorge! Care-Arbeit gehört ins Zentrum der Gesellschaft Und zwar jetzt!

Presseschau 12. Mai

Danke an alle die mit uns auf der Straße waren. Wir haben einiges an Aufmerksamkeit in der Presse bekommen. Schaut doch mal in die Artikel & verbreitet sie.

Tagesspiegel: Berliner Pflegekräfte stellen 100-Tage-Ultimatum im Wahlkampf

taz: „Wir alle haben keinen Bock mehr“

rbb24: “Uns fehlt immer Personal, um die Patienten gut zu versorgen“

ND: 100 Tage Ultimatum

freitag: Allen Grund zum Aufstand

Wunderbares Video von ver.di TV: Beschäftigte protestieren für Entlastung